Was tun bei Affären?

Die tieferen Probleme von „Affären“
(Wichtige Anmerkung: die Worte wie „Affäre“, „Geliebte/r“, „Betrogene/r“, „Fremdgehen“ usw. gebrauche ich nur mangels anderer griffiger Bezeichnungen. Auf keinen Fall soll irgendeine moralische Wertung mitschwingen! – Mit „Partner/in“ meine ich den/die Lebenspartner/in, also den/die „Betrogene/n“ bzw. den/die „Fremdgehende/n“.)

Das Problematischste bei einer „Affäre“ ist m. E. weniger, was jemand mit einem/r Dritten tut als vielmehr, dass dadurch die energetische Verbindung zwischen den Partnern gestört, ausgedünnt, unterbrochen wird. Das ist selbst dann der Fall, wenn der/die „Fremdgehende“ meint, dass man sich dem Partner gegenüber doch noch genauso verhalte und vielleicht auch noch genauso empfinde wie vorher. Denn zumindest ist die Energie, sind die Gedanken und die Zeit sozusagen „aufgeteilt“. (Deshalb spricht man ja auch von „Betrogenwerden“.)
 
Dazu kommt, dass jegliches Verheimlichen einen seelischen „Energiefresser“ allerersten Ranges darstellt, und zwar sowohl einen Fresser der eigenen Energie wie auch der gemeinsamen Paarenergie.
 
Eine „Affäre“ wird bekannt
Wenn eine Affäre bekannt wird – also erfahrungsgemäß in den allermeisten Fällen – bricht für den „Betrogenen“ meistens eine Welt zusammen. Vor allem, wenn vorher nichts geahnt worden war (was allerdings selten vorkommt) oder wenn ein Verdacht vehement abgestritten wurde, schmerzt die Aufdeckung besonders. Und auf den Schmerz folgen alle möglichen Reaktionen. Manchmal wird der „Fremdgehende“ vom „Betrogenen“ rausgeworfen, manchmal versinkt der „Betrogene“ in tiefste Verzweiflung, auf jeden Fall entstehen meist sehr heftige Gefühle.
Wenn man dann irgendwann wieder etwas nachdenken will und kann, wollen viele – zu Recht! – ihre Beziehung noch versuchen zu „retten“. Berechtigterweise wird oft geahnt, dass diese Affäre nicht aus heiterem Himmel kam, sondern vielleicht auf lang schon anstehende, aber wenig beachtete Probleme in der Partnerschaft hinweisen könnte. Und man erinnert sich ebenfalls zu Recht an vielleicht viele schöne Gemeinsamkeiten, die man ja hatte.
 
Was also tun bei einer Affäre?
In den meisten Fällen wäre es hilfreich, wenn nicht vorschnelle Schritte gegangen würden. Also: weder vorschnelle Trennung noch eine Vorgehensweise wie „Es war ein Ausrutscher – lass uns weitermachen wie es vorher war.“
Denn zu dem Zustand „vor der Affäre“ kann man nicht mehr zurückkehren. Und: würde man es können, dann wäre ja ein erneuter Crash vorprogrammiert, weil ja anscheinend irgendetwas schiefgelaufen war – meist schon länger. Sei es, dass der eine Partner viel zuwenig Zeit für seine Paarbeziehung hatte (nicht selten im heutigen „Kampf“ um Erhalt seines Arbeitsplatzes!), sei es, dass Langeweile miteinander eintrat, sei es, dass man unbewusst elterlichen Vorbildern nachgelebt hat – oder 1001 andere Hintergründe mehr.
Und eine „Affäre“ ist dann eine Ausdrucksform dafür, dass die energetische Verbindung, die Liebe zwischen beiden, ausgedünnt gewesen war.
Fazit: die tieferen Hintergründe sollten erkannt werden; es sollte aus dem gemeinsamen Geschehen gemeinsam (!) gelernt werden. Denn selbst wenn es dann doch keinen gemeinsamen Weg mehr gäbe, würde man durch das Lernen eine Wiederholung alter Fehler vermeiden können.
Indes gibt es auch gute Chancen, wieder zusammen zu finden. Und dann habe ich von Paaren schon Sätze gehört wie: „Irgendwie auch gut, dass das passierte! Weil wir dadurch wach geworden sind und eine zweite Chance für unsere Beziehung bekamen!“ (Näheres zu Partnerschaftskrisen und ihre möglichen Hintergründe siehe auch den ausführlichen Artikel über die "Midlife-Crisis" sowie „Wie Paarbeziehungen funktionieren“.)
 
Wie könnte bei einer Affäre eine Therapie sinnvoll sein?
Voraussetzung für eine sinnvolle Therapie ist Offenheit darüber, ob die „Affäre“ wirklich beendet ist oder in welcher Art eventuell noch Kontakt besteht. Denn falls man einen Neuanfang miteinander will, muss man logischerweise den „Seitenweg“ beendet haben, weil man erfahrungsgemäß nicht auf zwei Wegen gleichzeitig gehen kann.
Und der Erfahrung nach wird für den „betrogenen“ Partner ein Belogenwerden meist sehr viel schlimmer empfunden als das eigentliche „Fremdgehen“, besonders falls während einer Therapie immer noch nicht offen gesprochen wird.
Recht häufig ist es Thema, wie man den/die „Geliebte/n“ auch innerlich loslassen kann. Dies würde dann auch in der Therapie besprochen werden können. (Sinnvollerweise eher in Einzelgesprächen ohne den Partner, um nicht erneut zu verletzen).
Sehr häufig sind außerdem Fragen wie "Warum hast du das gemacht?" Vielleicht gar nicht (mehr) vorwurfsvoll, sondern man will Klarheit über das Geschehen.

Meistens höre ich dann als Antwort "Das weiß ich nicht!". Das ist natürlich für den „betrogenen“ Partner äußerst unbefriedigend. Es kann sein, dass der andere sich hinter einem Nichtwissen verstecken will. Aber ebenso kann es auch sein, dass der Betreffende es wirklich nicht weiß. Denn unsere Persönlichkeit liegt zu 90 bis 95 % im Unterbewusstsein, und das ist ja nicht so ohne Weiteres so einfach zugänglich. Dann könnten die unbewussten Motive - vielleicht! - in einer Therapie zugänglich werden.
Oder manche wollen sich durch die Therapie entscheiden: bisherige Partnerschaft oder nicht? (Diese Frage stellt sich durchaus oft auch beiden „Seiten“!)
 
Der therapeutische Weg könnte folgendermaßen aussehen:
a) Bei beiden: was haben wir – über Jahre oder gar Jahrzehnte – dazu beigetragen, dass wir jetzt an dieser Stelle stehen? Meistens geht es dabei um gravierende Kommunikationsprobleme:

  • man traute sich nicht, über bestimmte Themen zu reden
  • war sich darüber selbst gar nicht richtig bewusst bzw. hatte es mehr oder weniger weg gedrückt (siehe dazu auch meinen Artikel: „Phasen in Paarbeziehungen“)
  • Oder man hatte die Themen angesprochen, aber – nun offen sichtlich – nicht die nötige Klarheit dabei erreicht, so dass es nicht zu einer dauerhaften Änderung geführt hat.

b) Bei der/dem „Fremdgegangenen“: Ernstnehmen auch der „schönen“ Erfahrungen durch die Affäre. Nämlich in der Hinsicht, dass die dadurch (wieder?) kennen gelernten eigenen Sehnsüchte, Wünsche und Gefühle herausgearbeitet werden, die vielleicht in der bisherigen Partnerschaft verloren gegangen waren. Sodann Wege finden, um ähnlich Schönes für sich oder auch wieder miteinander zu erschließen.
c) Bei der/dem „Betrogenen“: Ernstnehmen der Verletzungen, Wut, Verzweiflung, Ärger, usw. Alle diese Gefühle müssen ihren Raum bekommen, damit sie nicht sozusagen in den Untergrund, ins Unbewusste, verbannt werden, wo sie nur unkontrolliert weiter grummeln und eine wirkliche Heilung der Person (und evtl. der Partnerschaft) letztlich verhindern würden. Und evtl. ein neues Entdecken auch der eigenen Wünsche an die „neue alte“ Partnerschaft.
d) Ggf. ein Abschlussritual, wenn die aus dem Geschehen gelernten „Aufgaben“ angenommen wurden und man einen gemeinsamen Neuanfang wagen will. Ein Abschlussritual hat den Sinn, dass man weiß: wir gehen einen neuen Weg und können uns aufeinander wieder verlassen. (Das muss nicht bedeuten, dass es nie mehr schmerzt. Aber es ist erledigt und man weiß es und kann es fühlen.)
 
Mögliche Ziele einer Therapie
a) Sicherlich nicht eine „Neuauflage“ der bisherigen Partnerschaft, siehe oben. Sondern ein Ziel könnte eine „neue alte“ Partnerschaft sein, auf einer neuen Basis. Dazu müssen beide (!) Partner neue Seiten in sich erschlossen haben und werden dadurch eventuell wieder ähnliche Gefühle miteinender erleben wie beim ersten Verliebtsein ...!
b) Oder es würde auch Sinn machen zu erkennen: diese neu erkannten Seiten finden keinen Platz mehr in einem gemeinsamen Weg. Dann könnte ein würdiger Abschied für beide hilfreich sein, um nicht vielleicht jahrelang innerlich in Schmerz oder Schuldgefühlen noch aneinander zu „kleben“, auch wenn man vielleicht schon längst geschieden ist.
 
All dies ist meiner Erfahrung nach nur möglich durch Arbeiten an den eigenen Lernaufgaben. Dies bedeutet beispielsweise für den „Fremdgeher“ zu erkennen: was ist mein Anteil daran, dass die Begeisterung in meiner Partnerschaft verloren gegangen ist, so dass ich sie woanders (vielleicht nicht suchte, aber) fand? Konnte ich z. B. meine Wünsche nicht deutlich genug ausdrücken? – Das z. B. wäre dann zu lernen.
Für den/die „Betrogene/n“ stellen sich Fragen wie z. B.: Warum habe ich meiner Wahrnehmung nicht getraut? Und warum habe ich nicht schon vor der Affäre gemerkt, dass unsere Beziehung nicht optimal funktioniert? – Zu lernen wäre also z. B., auf sich und die Partnerschaft zu achten.
Dies alles kann in den Therapiestunden angeleitet und z. T. in Übungen zuhause detailliert erarbeitet werden.
Ich möchte Mut machen, sich seinen Themen und der Situation zu stellen – für Viele hat es sich sehr gelohnt!



Ausführlicheres zu diesem Artikel können Sie auch in meinen öffentlichen Vorträgen hören.

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